Wie kann ich als Fotografin in der Porträtfotografie eine Verbindung zu meinem Gegenüber herstellen, wenn die Kamera mein Gesicht verdeckt? An eine über zwei Jahre andauernde fotografische Zusammenarbeit mit ihrer Schwester anknüpfend, rückt für Ricarda Fallenbacher in »Ein Bild von uns, Objektiv betrachtet« das Interesse am gemeinsamen fotografischen Prozess an die Stelle des Interesses am Werk. Von der Begriffsverschränkung des Kamera-Objektivs und des wissenschaftlichen Ideals der Objektivität motiviert untersuchte sie die Schnittstelle von Fotografie und Wissenschaft, welche seit den Anfängen der Fotografie im 19. Jh. besteht. Forschungs-Objekte aus naturwissenschaftlichen Kontexten wurden bis zur Erfindung der Fotografie ausgehend von Erinnerungen auf der Netzhaut des post-mikroskopischen Blicks gezeichnet oder mittels diverser Drucktechniken zu Abbildungen verarbeitet. Mit der Erfindung der Fotografie wurden Netzhäute durch fotografische Platten ersetzt und die schon lange erfundenen Objektive der Mikroskope wurden auf fotospezifische Körper gesetzt. An diese Recherche anschließend steht für Ricarda Fallenbacher im Raum, ob der kameratechnische Begriff »Objektiv« für die Porträtfotografie nicht unvollständig bzw. unpassend formuliert ist und ob das Kamera-Auge nicht sogar einer technischen Erweiterung bedarf, gilt ein handlungsfähiges Subjekt und nicht das passive Objekt dem Fotomotiv. Der von ihr gebaute Teleprompter, »Das Subjektiv«, ist als Skizze für eine technische Reform des Objektivs für die Porträtfotografie zu begreifen. Es erlaubt der fotografierten Person einen Blick in die Augen der fotografierenden Person und in die Kameralinse zugleich. – Ausgezeichnet mit: gute aussichten – junge deutsche fotografie 2019/2020

Ricarda Fallenbacher: Ein Bild von uns, Objektiv betrachtet. 140 Handabzüge auf Barytpapier, 1 Künstlerinnenbuch, 4 Videos, 4 wissenschaftliche Poster, 1 Teleprompter mit Videoprojektion, 1 Nadeldrucker mit Dialog-Transkript auf Endlospapier, Mobiliar aus Fichtenholz. Entstanden als Bachelorarbeit, betreut von Prof. Dr. Anke Haarmann und Prof. Linn Schröder.

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